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Darf ich einen KI-Chatbot in der Lehre einsetzen? – Fall des Monats Dezember ’25

Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

Ausgangspunkt

Eine Dozentin an einer Hochschule in Nordrhein-Westfalen möchte ihren Unterricht moderner gestalten und einen KI-Chatbot bauen. Sie nutzt dazu eine KI-Anwendung, in dessen Wissensspeicher sie Lernunterlagen wie Vorlesungsskripte, Foliensätze, Übungsaufgaben und Auszüge aus Fachbüchern einspeist. Die Studierenden sollen den Chatbot als individuelle Arbeitshilfe in Anspruch nehmen, in dem sie Fragen zu den Lehrinhalten stellen können. Ausgehend von dem Wissensspeicher beantwortet der Chatbot die Fragen. Die Dozentin überlegt nun: Darf ich das? Dürfen die Studierenden die KI nutzen? Und wer ist verantwortlich, wenn der Chatbot etwas Falsches ausgibt?

Rechtliche Bewertung

Auch im Hochschulalltag hat das Phänomen KI bereits in vielen Facetten Einzug erhalten. Die oben genannte Ausgangssituation dürfte dabei einer der typischen Anwendungsfälle von KI in einer Hochschule sein, der den Lehrenden Entlastung und den Studierenden ein individuelles Lernen ermöglichen soll. So attraktiv diese Form der KI-Unterstützung auch sein mag, birgt sie vom Einspeisen der Lernunterlagen durch die Lehrperson (1.) über die Nutzung des Chatbots der Studierenden (2.) bis hin zur Ausgabe des Ergebnisses durch den Chatbot (3.) auch einige rechtliche Fallstricke.

1. Einspeisen der Lernunterlagen in den Wissensspeicher der KI

Das Einspeisen der Lernunterlagen in den Wissensspeicher einer KI-Anwendung ist insbesondere aus urheberrechtlicher (a)) und datenschutzrechtlicher bzw. persönlichkeitsrechtlicher Perspektive (b)) relevant. Im Hintergrund ist dafür auch bedeutsam, welche KI-Anwendung genutzt wird und wie diese in der Hochschule implementiert ist (c)).

a) Urheberrecht

Lernunterlagen wie Vorlesungsskripte, Foliensätze, Übungsaufgaben und Buchauszüge sind regelmäßig urheberrechtlich geschützt. Der rechtliche Maßstab ist § 2 Abs. 2 UrhG, nach dem ein Werk eine persönliche geistige Schöpfung erfordert. Der urheberrechtliche Schutz besteht dann für 70 Jahre bis nach dem Tod des Urhebers (vgl. § 64 UrhG). Selbst erstellte Lernunterlagen sind grundsätzlich bedenkenlos nutzbar, da das Urheberrecht dem Schöpfer zukommt (vgl. § 7 UrhG). Bei verlegten Unterlagen sollte die Vertragslage geprüft werden, welche Nutzungsrechte auf den Verlag übertragen worden sind (vgl. §§ 31 ff. UrhG). Bei fremden Werken hängt die Rechtmäßigkeit der Nutzung davon ab, ob ein urheberrechtlicher Erlaubnistatbestand (sog. Schranke) erfüllt ist. Denn das Einspeisen der Lernunterlagen in den Wissensspeicher ist eine Vervielfältigung gemäß § 16 Abs. 2 UrhG, die allein dem Urheber obliegt (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UrhG).

Einerseits kommt als Schranke das Text und Data Mining gemäß § 44b UrhG in Betracht, dessen Reichweite noch unklar ist. Gemäß § 44b Abs. 1 UrhG ist Text und Data Mining die automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen. Wesenskern dessen ist also die digital-automatisierte Analyse von Werken zur Mustererkennung. Die Einspeisung von Werken in den Wissensspeicher einer bereits arbeitsfähigen KI ist davon in aller Regel nicht erfasst, da es hier an einer zielgerichteten Weiterentwicklung der KI-Anwendung im Wege der Mustererkennung fehlt. Unabhängig davon sind die Grenzen von § 44b UrhG bislang auch noch nicht höchstrichterlich geklärt worden. Das LG München I sieht in einem aktuellen Urteil die Grenzen des Erlaubten jedenfalls dann überschritten, wenn der Output sich mit den in den Trainingsdaten der KI hinterlegten Werken erkennbar deckt (sog. Memorierung). Zieht man diesen Maßstab auch für den Wissensspeicher heran, sollten Vorkehrungen getroffen werden, dass von dem KI-Chatbot nicht größere Werkteile sehr ähnlich oder identisch wiedergegeben werden. Zu beachten ist allerdings, dass das zitierte Urteil noch nicht rechtskräftig ist und ein Fortgang des Rechtsstreites in der höheren Instanz oder auch eine Vorlage an den EuGH erwartet wird.

Andererseits könnte die Schranke gemäß § 60a UrhG einschlägig sein, die urheberrechtliche Nutzungshandlungen im Bereich Unterricht und Lehre privilegiert. Demnach dürfen zur Veranschaulichung des Unterrichts und der Lehre an Bildungseinrichtungen zu nicht kommerziellen Zwecken bis zu 15 Prozent eines veröffentlichten Werkes vervielfältigt, verbreitet, öffentlich zugänglich gemacht und in sonstiger Weise öffentlich wiedergegeben werden. Die institutionellen Rahmenvoraussetzungen sollten bei Veranstaltungen der curricularen Hochschulbildung in aller Regel erfüllt sein. Grundsätzlich ist der zulässige Umfang aber auf 15 Prozent eines Werkes begrenzt, der in den Wissensspeicher eingebracht werden darf. Abbildungen, einzelne Beiträge aus derselben Fachzeitschrift oder wissenschaftlichen Zeitschrift, sonstige Werke geringen Umfangs und vergriffene Werke dürfen gemäß § 60a Abs. 2 UrhG dagegen vollständig genutzt werden.

b) Datenschutzrecht und Persönlichkeitsrecht

Soweit die Lernunterlagen personenbezogene Daten enthalten, sind bei der Einspeisung in den Wissensspeicher auch die datenschutzrechtlichen Vorgaben nach der DSGVO und ergänzend dem BDSG zu beachten. Auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist zu wahren.

Personenbezogene Daten sind gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann.

Die Verarbeitung dieser Daten ist nur gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO rechtmäßig, sofern keine sensiblen Daten betroffen sind. Bei personenbezogenen Daten in verlegten Lernunterlagen – wie z. B. das Foto einer Person in einem Lehrbuch – wird man die Rechtmäßigkeit zur Weiterverarbeitung aus einer konkludenten Einwilligung der jeweiligen Person (lit. a)) oder zumindest aus einem berechtigten Interesse als berechtigter Nutzer des Mediums herleiten können (lit. f)). Bei eigenen nicht verlegten Lernunterlagen ist die Einholung einer Einwilligung der jeweiligen Personen zu empfehlen. Gleiches gilt insbesondere auch dann, wenn Daten der Studierenden in den Arbeitsspeicher eingespeist werden sollen. Die Verarbeitung sensibler Daten (bzgl. beispielsweise politischer/religiöser Überzeugungen, sexueller Orientierung) ist gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO grundsätzlich verboten und nur unter den Voraussetzungen gemäß Art. 9 Abs. 2-4 DSGVO erlaubt. Als stets rechtmäßige Alternative kommt eine Anonymisierung der personenbezogenen Daten in Betracht, sodass kein Rückschluss mehr auf die Identität der jeweiligen Person möglich ist (vgl. Erwägungsgrund 26 zur DSGVO). Die Einspeisung von personenbezogenen Daten in eine KI-Anwendung sollte daher entweder anonymisiert oder mit Einwilligung der jeweiligen Personen vorgenommen werden. Bei der Einwilligung von Studierenden sollte die Freiwilligkeit sichergestellt werden ohne sachfremde Kopplungseffekte für eine Prüfung oder das Studium insgesamt.

Eng verbunden mit dem Datenschutzrecht ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht, welches aus der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG und der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitet wird. Während das Datenschutzrecht nur die Informationen über eine natürliche Person schützt, gewährleistet das allgemeine Persönlichkeitsrecht die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Zudem ist der Schutzbereich nicht nur auf natürliche Personen beschränkt, sodass auch juristische Personen wie Unternehmen oder Vereine erfasst sind (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG). Demnach sollten keine Inhalte in die KI-Anwendung eingespeist werden, die sich auf die Ehre sowie die Privat- und Intimsphäre einer natürlichen Person oder innerbetriebliche Angelegenheiten einer juristischen Person auswirken können.

c) Nutzungsbedingungen der Anbieter und hochschulinterne Regelungen

Die Rechtmäßigkeit der Einspeisung von Lernunterlagen hängt nicht nur von den staatlichen Gesetzen ab. Zum einen unterliegen KI-Anwendungen regelmäßig von den Anbietern intendierten Nutzungsbedingungen, die bei dem Gebrauch beachtet werden sollten. Gewöhnlich sind solche Nutzungsbedingungen über die Website des jeweiligen Anbieters abrufbar. Andererseits treffen gegenwärtig immer mehr Hochschulen interne Regelungen zum Umgang mit KI, um den bislang noch undurchsichtigen Anforderungen der europäischen KI-Verordnung gerecht zu werden.

Diese Regelwerke können als unverbindliche Leitfäden oder auch als verbindliche Hochschulsatzung ausgestaltet sein. Insbesondere, wenn eine Hochschule auch selbst KI-Anwendungen nutzt und dadurch zur Anbieterin oder Betreiberin von KI-Systemen wird, sind interne Regularien zu erwarten. Dabei ist es grundsätzlich empfehlenswert für die Lehrperson, auf die KI-Anwendung der Hochschule für den Chatbot zurückzugreifen. Soll eine hochschulexterne KI-Anwendung genutzt werden, sind neben dem Binnenrecht der Hochschule auch die Nutzungsbedingungen des Anbieters sowie die staatlichen Gesetze zu achten. Hierbei sollte im Sinne des Datenschutzrechtes insbesondere die Redlichkeit des gewünschten Anbieters sichergestellt (vgl. Art. 26 ff. DSGVO) und den Anbieter- bzw. Betreiberpflichten der KI-Verordnung Rechnung getragen werden.

2. Nutzung des Chatbots durch Studierende

Auch bei der Nutzung des Chatbots durch die Studierenden sind aus rechtlicher Perspektive einige Dinge zu berücksichtigen. So stellt sich zunächst die Frage der KI-Kompetenz der Studierenden (a)). Ausgehend davon ist erörterungsbedürftig, wer die Verantwortung trägt, wenn die KI-Anwendung durch die Studierenden missbraucht wird und dadurch Rechte von Dritten verletzt werden (b)).

a) KI-Kompetenz der Studierenden

Gemäß Art. 4 KI-VO haben Anbieter und Betreiber die KI-Kompetenz ihres Personals und auch anderer bestimmter Personen durch Schulungsmaßnahmen sicherzustellen. Verwendet eine an der Hochschule beruflich tätige Lehrperson eine KI-Anwendung für ihre Lehre, hängt es von der Verantwortlichkeit im Einzelfall ab, ob die Hochschule oder die Lehrperson als Betreiberin zu qualifizieren ist (vgl. Art. 3 Nr. 4 KI-VO). Selbst wenn die Lehrperson keine Betreiberin ist, hat sie gemäß ihrer Dienstpflicht die Betreiberpflichten der Hochschule durchzusetzen.

Demnach hat sie nach dem Wortlaut von Art. 4 KI-VO jedenfalls die KI-Kompetenz ihres Personals sicherzustellen. Ob dies auch für Studierende gilt, hängt vom Einzelfall ab. Grundsätzlich gilt die Kompetenzpflicht auch für andere Personen, die in dem Auftrag der Lehrperson mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind. Entscheidend ist damit, ob die Nutzung des KI-Chatbots im Auftrag der Lehrperson erfolgt oder nicht. Bei einer Nutzungsverpflichtung ist dies der Fall, sodass auch den Studierenden Schulungsmaßnahmen zukommen müssen. Beruht die Nutzung des KI-Chatbots auf freiwilliger Basis, ist die Sache weniger klar. Mangels einschlägiger Rechtsprechung ist aber auch in diesem Fall die Durchführung von Schulungsmaßnahmen zu empfehlen.

Die Art und Weise dieser Schulungsmaßnahmen ist im Gesetz nicht weiter konkretisiert, soll aber nach besten Kräften stattfinden. Mindestens sollte eine präzise Information über die Funktionsweise, den Nutzen und die Risiken von KI im Allgemeinen und auch der konkret genutzten KI-Anwendung erfolgen. Besser dürfte noch ein Selbsttest sein, den die Studierenden vor der ersten Nutzung machen. In jedem Fall sollte zu etwaigen Beweiszwecken eine Dokumentation der Schulungsmaßnahme erfolgen.

b) Verantwortlichkeit bei Missbrauch

Zumindest durchdacht werden sollte im Vorfeld die Situation, dass der KI-Chatbot von den Studierenden zu lehrfremden Zwecken missbraucht wird. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wer für etwaige Schäden und Rechtsverletzungen haftet.

Grundsätzlich gilt im deutschen Zivilrecht, dass eine Haftung auf Schadensersatz stets ein Verschulden des Schädigers voraussetzt (vgl. § 823 Abs. 1 BGB). Andernfalls kann nur die Beseitigung und künftige Unterlassung einer Rechtsverletzung verlangt werden (vgl. § 1004 Abs. 1 BGB). Für ein Verschulden ist gemäß § 276 Abs. 1 UrhG stets Vorsatz oder Fahrlässigkeit erforderlich. Wird der KI-Chatbot durch Studierende missbraucht, sind in erster Linie die eigenverantwortlich handelnden Studierenden für etwaige Schäden haftbar. Bei der Lehrperson wäre dies nachgelagert nur der Fall, wenn ihr beispielweise wegen mangelnder Schulungsmaßnahmen ein fahrlässiges Handeln nachzuweisen wäre. Durch sorgfältige Schulungsmaßnahmen kann die Lehrperson das Haftungsrisiko eingrenzen.

3. Verantwortlichkeit für fehlerhafte Ausgaben

Schließlich stellt sich noch die Frage, wer bei einer Fehlfunktion des KI-Chatbots bei der Ausgabe die Verantwortung trägt. Man stelle sich hierbei vor, Studierende nutzen den KI-Chatbot zur Prüfungsvorbereitung oder in einer Prüfung und erzielen aufgrund fehlerhafter Ausgaben ein schlechtes Prüfungsergebnis. Diese Fragestellung ist in erster Linie eine des Prüfungsrechts (a)). Nachrangig ist aber auch eine zivilrechtliche Haftung denkbar, etwa wenn das schlechte Prüfungsergebnis Studierenden eine schon in Aussicht stehende Arbeitsstelle kostet oder sich das Studium und die damit verbundenen Kosten um ein weiteres Semester verlängern (b)).

a) Prüfungsrechtliche Verantwortlichkeit

Die Rechtsgrundlage einer Prüfung ist die jeweilige Prüfungsordnung, die von der Hochschule nach den internen Regularien erlassen wird. Der Rechtsrahmen für Prüfungsordnungen ist in NRW § 64 HG. Ziel dessen ist die Gewährleistung eines Prüfungsverfahrens, das rechtsstaatlichen Grundsätzen in Sachen Transparenz, Fairness und Chancengleichheit gerecht wird. Ausgehend davon muss im Einzelfall überlegt werden, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Ein Anhaltspunkt dafür ist die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche von der Hochschule (Lehrperson) und den Prüflingen (Studierende).

Setzt eine Lehrperson im Rahmen einer Lehrveranstaltung technische Hilfsmittel ein, ist die Lehrperson für die technische Funktionsfähigkeit dieser Hilfsmittel verantwortlich. Denn im Gegensatz zu den Studierenden hat sie die Entscheidungshoheit über die Hilfsmittel. Dieser Grundsatz gilt auch für einen KI-Chatbot, den die Lehrperson als Hilfsmittel auswählt. Der primäre Nutzen dieses Hilfsmittels erfordert allerdings die Bedienung durch die Studierenden. Die korrekte Bedienung des Hilfsmittels liegt wiederum im Verantwortungsbereich der Studierenden. Ein KI-Chatbot ist allerdings eine technisch komplexe Anwendung, die selbst bei korrekter Bedienung auch falsche Ergebnisse ausgeben kann. Der Einsatz von KI erweist sich somit als Gratwanderung zwischen den Verantwortungsbereichen, die nur aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zu lösen ist.

Die Lehrperson kann ihrer Verantwortung für die Wahl des Hilfsmittels dadurch nachkommen, indem sie die Studierenden für Halluzinationen von KI-Anwendungen sensibilisiert und für einen entsprechend kritischen Umgang wirbt. Zudem kann sie die Funktionsfähigkeit des KI-Chatbots selbst überwachen. Zeigt sich eine Fehlfunktion, sollte die Lehrperson der Ursache unmittelbar auf den Grund gehen und die Studierenden darüber informieren. Ein gewisses Restrisiko einer Halluzination wird durch solche Präventivmaßnahmen aber nicht auszuschließen sein. Demnach sollte schon aus Gründen der Transparenz im Vorfeld des Einsatzes eines KI-Chatbots geklärt sein, wie mit Ausgabefehlern im Hinblick auf Prüfungsleistungen umgegangen wird. Bestenfalls wird ein solches Szenario über die Prüfungsordnung abgedeckt. Ist dies nicht der Fall, kann die Lehrperson für ihre Prüfungen entsprechende Bearbeiterhinweise geben.

b) Allgemeine zivilrechtliche Verantwortlichkeit

Für die allgemeine zivilrechtliche Haftung gelten auch im Falle einer fehlerhaften Ausgabe die bereits genannten Grundsätze (2. b)). Eine Haftung auf Schadensersatz setzt stets ein Verschulden des Schädigers in Form von Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus. Pflegt die Lehrperson einen sorgfältigen und transparenten Umgang sowohl hinsichtlich der Prüfung als auch des KI-Chatbots, wird man ihr kein Verschulden zur Last legen können. Folglich haftet sie dann auch nicht auf Schadensersatz.

Fazit

Der Einsatz eines KI-Chatbots birgt vom Einspeisen der Lernunterlagen durch die Lehrperson (1.), über die Nutzung des Chatbots der Studierenden (2.) bis hin zur Ausgabe des Ergebnisses durch den Chatbot (3.) rechtliche Risiken. Bei der Einspeisung der Lernunterlagen in den Wissensspeicher sind insbesondere das Urheberrecht, das Datenschutzrecht sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu achten. Abseits der staatlichen Gesetze sollten auch die Nutzungsbedingungen der KI-Anbieter sowie interne Regularien der Hochschule berücksichtigt werden. Bei der Nutzung des KI-Chatbots durch Studierende sollte deren KI-Kompetenz sichergestellt werden, was zugleich auch einer Haftung der Lehrperson im Falle des Missbrauchs vorbeugt. Soll der KI-Chatbot auch zur Prüfungsvorbereitung oder in Prüfungen genutzt werden können, sollten Vorkehrungen für fehlerhafte Ausgaben getroffen werden. Hier gelten insbesondere die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Prüfungsverfahrens.

Forschungsdaten von Studierenden – was darf ich damit? – Fall des Monats November ’25

Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

Ausgangspunkt

Im Rahmen eines Seminars an einer NRW-Hochschule führen Studierende eigenständig eine empirische Untersuchung zur nachhaltigen Stadtentwicklung durch. Sie entwickeln den Forschungsansatz selbst, erheben Umfragedaten, bereiten diese statistisch auf und visualisieren ihre Ergebnisse in Diagrammen und einer interaktiven Karte. Die Lehrperson plant, die Daten anschließend in einem universitären Repositorium als OER bereitzustellen und in einem späteren Forschungsprojekt weiterzuverwenden. Eine Studentin fragt jedoch nach, ob sie dem zustimmen müsse, schließlich hätten sie und ihre Kommilitonen die Datensätze selbst erhoben und ausgewertet.

Rechtliche Bewertung

Forschungsdaten sind alle Daten, die während wissenschaftlicher Arbeiten gesammelt oder erstellt werden. Sie dienen dazu, den Forschungsprozess zu belegen und Ergebnisse nachvollziehbar zu machen. Auch Daten, die allgemein in der Wissenschaft als notwendig gelten, um Forschungsergebnisse überprüfen und bestätigen zu können, zählen dazu. Die Forschung selbst ist eine geistige Tätigkeit, bei der man mit systematischen, methodischen und überprüfbaren Verfahren versucht, neues Wissen zu gewinnen.

Ein rechtlich verankertes Eigentum an Daten besteht nicht. Dennoch können Forschungsdaten unter bestimmten Voraussetzungen durch Immaterialgüterrecht geschützt sein. Urheberrechtlichen Schutz genießen Forschungsdaten nur dann, wenn sie eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG sind. Das bedeutet, dass sie das Ergebnis einer individuellen, schöpferischen Leistung des Urhebers sein müssen, die eine gewisse Gestaltungshöhe aufweist und Ausdruck seiner eigenen geistigen Tätigkeit ist. Das ist bei reinen Rohdaten regelmäßig nicht der Fall, da sie auf objektiver Beobachtung oder Messung beruhen. Ein Schutz kann jedoch für eine konkrete Darstellung von Daten bestehen. Wenn die Daten in einer individuell strukturierten Sammlung oder mit eigenschöpferischer Auswahl oder Anordnung erstellt wurden, z.B. als Datenbankwerk nach § 4 Abs. 2 UrhG oder bildlich festgehalten. Eine solche Schutzfähigkeit hängt stark vom Einzelfall ab. Je stärker die kreative und strukturierende Leistung, desto eher liegt ein urheberrechtlich geschütztes Werk vor.

Bei Datenbanken unter §§ 87a ff. UrhG steht nicht der Urheber, sondern der Datenbankhersteller im Vordergrund, der durch erheblichen zeitlichen, personellen oder finanziellen Aufwand eine Datenbank geschaffen hat. Der Schutz der §§ 87a ff. UrhG ist gänzlich unabhängig vom urheberrechtlichen Schutz eines Datenbankwerkes nach § 4 Abs. 2 UrhG.

Nach § 7 UrhG ist Urheber, wer das Werk geschaffen hat. Im Hochschulkontext gilt dies auch für Studierende, die Forschungsdaten oder begleitende Materialien (z. B. Visualisierungen, Texte, Grafiken) selbstständig entwickeln. Die Urheberschaft entsteht automatisch mit der Schaffung des Werkes. Hochschulen oder Lehrende werden nicht allein durch ihre organisatorische oder betreuende Rolle zu Miturhebern. Etwas anderes kann gelten, wenn sie eigenständig schöpferisch an der Datenerhebung oder -aufbereitung mitgewirkt haben, etwa durch konzeptionelle Vorgaben oder redaktionelle Bearbeitung. Sofern ein Schutz besteht, verbleiben die Urheberrechte an Forschungsdaten somit grundsätzlich bei den Studierenden. Sie können allein entscheiden, ob und in welchem Umfang ihre Forschungsdaten veröffentlicht oder weiterverwendet werden dürfen.

Um geschützte Forschungsdaten im Hochschulkontext zu verwenden, etwa zur Veröffentlichung in Repositorien oder für Folgeprojekte, bedarf es einer Einräumung der Nutzungsrechte nach § 31 UrhG. Hierbei ist eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung, wie eine Lizenzvereinbarung oder eine Einverständniserklärung empfehlenswert. Insbesondere bei Veröffentlichungen im Open-Access- oder OER-Kontext sollten Nutzungsumfang, Dauer und mögliche Nachnutzung klar geregelt sein.

Wichtig ist, dass das Urheberrecht nicht übertragbar ist; nur Nutzungsrechte können eingeräumt werden. Hochschulen dürfen daher Forschungsdaten oder Datenbanken nur im Rahmen der gewährten Lizenz nutzen.

Neben den urheberrechtlichen Regelungen können im Hochschulkontext zudem weitere rechtliche Rahmenbedingungen wie Datenschutz-, Forschungs- oder Prüfungsrecht relevant sein. Diese Überschneidungen verdeutlichen, dass der Umgang mit Forschungsdaten eine interdisziplinäre rechtliche Betrachtung erfordert, bei der urheberrechtliche, datenschutzrechtliche und institutionelle Vorgaben stets zusammenzudenken sind.

Fazit

Die Urheberrechte an studentisch erstellten Forschungsdaten liegen grundsätzlich bei den Studierenden. Die Hochschule darf diese Daten nur nutzen oder veröffentlichen, wenn entsprechende Nutzungsrechte eingeräumt wurden. Ratsam ist, bereits zu Beginn eines Projekts klare Vereinbarungen zu treffen, idealerweise in Form einer standardisierten Nutzungs- oder OER-Freigabeerklärung. So lassen sich spätere Konflikte vermeiden und die Nachnutzung rechtssicher gestalten.

Dürfen markenrechtlich geschützte Zeichen in Lehrmaterialien verwenden werden? – Fall des Monats Oktober ’25

Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

Ausgangspunkt

Im Rahmen eines Open-Educational-Resources-Lern-/Lehrprojekts sollen mehrere Zeichen, die zugleich eingetragene Marken sind, zur Verdeutlichung des Lehrinhalts verwendet werden. Hierbei werden die Marken exakt in ihrer eingetragenen Form in den Lehrinhalten wiedergegeben. Das Lehrprojekt soll unter einer CC-Lizenz veröffentlich werden. Hierbei stellen sich mehrere rechtliche Fragen: Wie sind Zeichen rechtlich geschützt? Dürfen solche Zeichen zur Verdeutlichung in Lehrmaterialen mit aufgenommen werden? Ist die Verwendung in Open-Educational-Resources-Lern-/Lehrprojekten zulässig? Müssen die Zeichen aus der CC-Lizenz angenommen werden? 

Rechtliche Bewertung

Zeichen können auf vielfältige Weise geschützt sein: Das klassische Schutzrecht für Zeichen ist das Markenrecht. Dieses schützt alle geeigneten Zeichen, durch die Waren oder Dienstleistungen von Unternehmen voneinander unterschieden werden können, vor allem Wörter, Abbildungen, Buchstaben oder Zahlen, aber auch dreidimensionale Gestaltungen oder Positionen (§ 3 Abs. 1 MarkenG). Der Schutz entsteht in der Regel durch Eintragung des Zeichens und ist auf bestimmte (angegebene) Waren oder Dienstleistungen beschränkt. Allerdings kann der Schutz auch durch Verkehrsgeltung oder notorische Bekanntheit erlangt werden (§ 4 MarkenG). Neben den Marken können Zeichen auch als geschäftliche Bezeichnungen geschützt sein (§ 5 MarkenG), dies sind insbesondere Bezeichnungen von Unternehmen (Unternehmenskennzeichen) und Bezeichnung von bestimmten Werken (Werktitel). Die Reichweite des Schutzes geschäftlicher Bezeichnungen ist aber beschränkt. Marken müssen zudem auch markenmäßig, also für die Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen, verwendet werden, für welche sie eingetragen sind (§ 26 Abs. 1 MarkenG). Ist dies innerhalb der letzten fünf Jahre nicht der Fall gewesen, so kann eine Marke – auf Antrag – gelöscht werden (§ 49 MarkenG). Wird eine Marke verwendet, so kann sie – bei jeweiliger Verlängerung nach zehn Jahren – potenziell ewig geschützt sein. Eine Höchstschutzdauer besteht nicht. 

Neben dem markenrechtlichen Schutz kann ein Zeichen möglicherweise aber auch urheberrechtlich geschützt sein. Hierfür müsste das Zeichen eine persönliche geistige Schöpfung auf dem Gebiet der Literatur, Wissenschaft oder Kunst sein (§§ 1, 2 Abs. 2 UrhG) und über eine gewisse Schöpfungshöhe verfügen. Gerade bei Zeichen ist letzteres oft problematisch, da diese häufig den geringen Anforderungen an den Schutz (sog. kleine Münze) nicht genügen. Insbesondere einfache Zeichen wie simple grafische Elemente oder Zeichen, die nur aus Wörtern bestehen, werden keinen urheberrechtlichen Schutz erlangen. Ein anderes Ergebnis kann allerdings bei komplexeren grafischen Zeichen vertretbar sein, deren Gestaltung eigenschöpferische Aspekte beinhalten. Dennoch dürfte der urheberrechtliche Schutz von Zeichen eher die Ausnahme, als die Regel sein. 

Ist ein Zeichen markenrechtlich geschützt, so ist es Dritten untersagt, das Zeichen ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers markenmäßig zu verwenden. Hierbei werden drei Fallgruppen unterschieden:  

  • Erstens, die Verwendung des identischen Zeichens für identische Waren oder Dienstleistungen (Doppelidentität, § 14 Abs. 2 Nr. 1 Marken).  
  • Zweitens, die Verwendung eines ähnlichen Zeichens für ähnliche Waren oder Dienstleistungen (Verwechslungsgefahr, § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). In diesem Fall können auch das Zeichen oder die Waren oder Dienstleistungen identisch sein, sofern das andere Merkmal nur Ähnlichkeit aufweist.  
  • Und drittens, die unlautere Ausnutzung einer bekannten Marke durch Ähnlichkeit (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG). Hierbei sind auch die Waren oder Dienstleistungen des Zeichens oder der Verwendung nicht mehr von Bedeutung.  

Im Falle von OER-Lern-/Lehrmaterialien wird selten eine Verwendung für gleiche Waren oder Dienstleistungen vorliegen, sodass die Doppelidentität in der Regel keine Rolle spielt. Anders wäre das nur, wenn ohne Einwilligung ein identisches Zeichen zur Kennzeichnung eines OER-Lern-/Lehrprojektes verwendet wird, was zugleich durch einen Dritten für Lern-/Lehrprojekte eingetragen und innerhalb der letzten fünf Jahre benutzt wurde. Auch ohne Eintragung kann in diesem Fall zudem auch ein Schutz als Werktitel vorliegen. 

Allerdings setzt die Verletzung im Markenrecht auch eine markenmäßige Verwendung voraus. Dafür muss das Zeichen zunächst im geschäftlichen Verkehr verwendet werden. Dieses Merkmal wird üblicherweise weit ausgelegt und kann daher auch bei Hochschulen und Bildungseinrichtungen erfüllt sein. Es wird aber unter anderem verneint bei rein wissenschaftlichen Tätigkeiten, einem beschränkten Adressatenkreis oder – für OER relevant – im Rahmen einer Lehrtätigkeit mit einer Auseinandersetzung mit dem Zeichen. Insoweit würde die Verwendung von markenrechtlich geschützten Zeichen in einem OER-Lern-/Lehrmaterial zur Verdeutlichung nicht als Verwendung im geschäftlichen Verkehr gesehen werden und wäre damit zulässig. Weiterhin müsste auch noch eine markenmäßige Verwendung, also die Verwendung als Herkunftsnachweis vorliegen, was bei einer Verwendung zur reinen Verdeutlichung ebenfalls nicht erfüllt ist. Anders wäre aber die Beurteilung, wenn das Zeichen als Herkunftsnachweis für ein OER-Lern-/Lehrprojekt oder zu Werbezwecken (beispielsweise im Hochschulmarketing) verwendet wird. 

Sofern das Zeichen nicht dem urheberrechtlichen Schutz unterfällt, ist es bei Lizenzierung der eigenen Materialen unter einer CC-Lizenz nicht aus der Lizenz herauszunehmen. Die CC-Lizenz umfasst weder das Patent- noch das Markenrecht („Patent- und Kennzeichenrechte werden durch die vorliegende Public License nicht lizenziert“). Daher findet auch keine weitere Erlaubnis zur Nutzung des Zeichens statt. Sofern der Lizenznehmer das Zeichen ebenfalls nicht markenmäßig verwendet, liegt kein Konflikt mit dem Markenrecht vor. Anders kann es sein, wenn das Zeichen zugleich urheberrechtlichen Schutz erlangt hat. In diesem Fall muss die Verwendung des Zeichens erlaubt sein. Im Falle von OER-Lern-/Lehrmaterialien muss also – sofern kein vertragliches Nutzungsrecht vereinbart wurde – eine Schrankenregelung greifen. Dies wird – bei entsprechender Auseinandersetzung – in der Regel das Zitatrecht des § 51 UrhG sein. In diesen Fällen ist es angeraten, die Zeichen aus der CC-Lizenz auszunehmen. 

Fazit

Die Verwendung von markenrechtlich geschützten Zeichen in OER-Lern-/Lehrprojekten ist zur Verdeutlichung von Lehraspekten gestattet. Es liegt keine Markenrechtsverletzung vor. Bei komplexen Zeichen ist aber zu prüfen, ob nicht zugleich ein urheberrechtlicher Schutz in Frage kommt, und damit zugleich ist auch zu prüfen, ob aus urheberrechtlicher Sicht die Verwendung des Werks gestattet ist. Bei entsprechender Auseinandersetzung mit dem Zeichen dürfte dies allerdings durch das Zitatrecht gedeckt sein. Im Falle eines reinen markenrechtlichen Schutzes ist die Herausnahme aus einer CC-Lizenz nicht notwendig, da diese keine markenrechtlichen Aspekte umfasst. Wird ein Zeichen dagegen als Herkunftsnachweis für OER-Lern-/Lehrprojekte verwendet, sind allerdings markenrechtliche Fragen zu beachten. 

Ist eine Überprüfung und Speicherung studentischer Arbeiten mittels Plagiatssoftware zulässig? – Fall des Monats September ’25

Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

Ausgangspunkt

Bei einer Lehrveranstaltung sollen Hausarbeiten durch die Studierenden als Prüfungsleistung erstellt werden. Die Hausarbeiten sind als ausformulierter Text mit erheblichem Gestaltungsspielraum zu erstellen. Im Rahmen der Korrektur dieser Hausarbeiten sollen diese durch einen externen Dienstleister mit Hilfe einer Software auf Plagiate geprüft werden. Der externe Dienstleister wird die Arbeiten zudem über die konkrete Überprüfung hinaus abspeichern, um spätere Abgaben oder Abgaben aus anderen Prüfungen damit zu vergleichen. Eine Löschung erfolgt nicht. Hierbei stellen sich mehrere rechtliche Fragen aus urheberrechtlicher Sicht: Sind studentische Prüfungsarbeiten überhaupt urheberrechtlich geschützt? Hat die Hochschule ein Nutzungsrecht an den Arbeiten oder kann sie fordern das solche eingeräumt werden? Dürfen studentische Prüfungsarbeiten auch ohne Nutzungsrecht auf Plagiate überprüft werden? Macht es einen Unterschied, ob die Arbeiten darüber hinaus gespeichert werden oder nicht?

Rechtliche Bewertung

Studentische Arbeiten sind urheberrechtlich geschützt, sofern sie eine persönliche geistige Schöpfung (§ 2 Abs. 2 UrhG) auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft oder Kunst darstellen, also ein Werk sind (§ 1 UrhG). Hierbei muss diese Schöpfung zwar noch ein Mindestmaß an kreativer Leistung enthalten (Schöpfungshöhe), die Ansprüche daran sind allerdings regelmäßig gering (sog. kleine Münze). Sofern studentische Arbeiten diese Voraussetzungen erfüllen, kommt ihnen urheberrechtlicher Schutz zu, was in der Regel der Fall ist. Das gilt auch für Arbeiten, die als Prüfungsleistung erstellt werden. Urheber und damit Rechtsinhaber ist immer der Schöpfer (§ 7 UrhG) und damit der Studierende. Geschützt ist bei wissenschaftlichen Arbeiten aber nur die Form und nicht der Inhalt, daher muss für die Beurteilung der Schutzfähigkeit auf die schöpferische Eigenart der Form abgestellt werden. Dies ist bei Texten die Art der Formulierung und nicht der Inhalt des Textes. Sofern keine eigene Formulierung möglich ist – wie beispielsweise bei rein mathematischen Beweisen ohne möglichen Gestaltungsspielraum – kann ein urheberrechtlicher Schutz ausnahmsweise ausgeschlossen sein.

Hochschulen kommt per se kein Recht an den Arbeiten der Studierenden zu. Sie sind insbesondere keine Arbeitnehmer, sodass die Regelungen des Arbeitnehmerurheberrechts (§§ 43, 69b UrhG) nicht anwendbar sind. Fraglich ist aber, ob die Hochschule Nutzungsrechte von den Studierenden einfordern können. Grundsätzlich sind auch öffentlich-rechtlich begründete Nutzungsrechtseinräumungen möglich (ein gesetzliches Beispiel ist § 16 DNBG), sodass auch über eine Prüfungsordnung eine Nutzungsrechteinräumung geregelt werden kann. Diese Regelungen müssen allerdings für sich verhältnismäßig sein, sodass auch den Zweck der Nutzungsrechtseinräumung abzustellen ist. Hierbei ist zwischen dem Recht der Hochschule auf wissenschaftliche Redlichkeit – die auch im Rahmen einer Prüfung überprüft wird – und den persönlichkeits- wie eigentumsrechtlichen Positionen des Studierenden abzuwägen.

Bei einem reinen Vergleich der Prüfungsarbeit durch eine Software wird diese Verhältnismäßigkeit gegeben sein. Anders wird dies aber zu beurteilen sein, wenn die Arbeit auch für spätere Vergleiche abgespeichert werden soll. Hier wird die Verhältnismäßigkeit regelmäßig scheitern. Insbesondere wiederholende Prüfungsaufgaben sind kein Grund für eine solche Abspeicherung. Erst recht gilt das, wenn die Arbeit bei Dritten – möglicherweise gewerblich tätigen – Anbieter erfolgen soll, da ein – durch die Nutzungsrechtseinräumung – begründeter Eingriff in die urheberrechtliche Position des Studierenden zugunsten eines möglicherweise wirtschaftlichen Vorteils eines Dritten nicht mehr gedeckt ist. Sofern kein Nutzungsrecht der Hochschule besteht, kann möglicherweise dennoch eine Prüfung auf Plagiate erfolgen. Hierfür müsste die Plagiatsprüfung durch eine urheberrechtliche Schranke möglich sein. Insbesondere die Schranke des § 45 Abs. 1 UrhG wird hier eine solche Kontrolle gestatten, da die Bewertung und Kontrolle der Prüfungsleistung selbst Teil eines Verwaltungsverfahrens ist und die Schranke auch vorbereitende Handlungen in einem solchen Verfahren abdeckt. Hinsichtlich der Reichweite der Nutzung wird – wie schon bei der Einräumung des Nutzungsrechts – nur der reine Vergleich, nicht aber die weitere Abspeicherung gestattet sein. Letztere Handlung wird aufgrund der grundsätzlichen engen Auslegung von urheberrechtlichen Schranken nicht mehr von § 45 Abs. 1 UrhG gedeckt sein. Sofern die Kontrolle bei einem externen Anbieter stattfindet, kommt eine direkte Anwendung des § 45 Abs. 1 UrhG nicht in Betracht, da eine Weitergabe von der Schranke nicht umfasst ist. Allerdings kann der reine Vergleich auf externen Systemen als technisch bedingte Vervielfältigung i.S.d. § 44a Nr. 2 UrhG gesehen werden und damit für sich zulässt sein. Eine darüberhinausgehende zeitliche Abspeicherung kommt aber auch hier nicht in Frage.

Fazit

Grundsätzlich können die urheberrechtlich geschützten Arbeiten von Studierenden der Plagiatsprüfung unterzogen werden, unabhängig davon, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wurde oder nicht. Die Schrankenregelungen der §§ 45 Abs. 1, 44a Nr. 2 UrhG erlauben grundsätzlich die reine Plagiatsprüfung bei studentischen Prüfungsarbeiten. Die Abspeicherung der Arbeiten für spätere Plagiatskontrollen ist aber durch diese Vorschriften nicht mehr gedeckt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Arbeit durch einen Dritten oder die Hochschule selbst geprüft werden. Zudem sind entsprechende Klauseln in Prüfungsordnungen – die ein Nutzungsrecht für eine solche weite Abspeicherung gestatten sollen – unverhältnismäßig. Daher können studentische Prüfungsarbeiten für spätere Plagiatsprüfungen nicht mehr herangezogen werden. Insoweit sollte immer geprüft werden, ob die verwendete Software zur Plagiatskontrolle die Arbeiten über die konkrete Kontrolle hinaus abspeichern.

Weitergehende Literatur

Konertz, Roman, Urheberrechtliche Fragen der Plagiatskontrolle an Hochschulen – Über automatisierten Abgleich und Abspeicherung von Prüfungsarbeiten ZUM 2024, 355-364

Darf ich Instagram-Beiträge in OER nutzen? – Fall des Monats August ’25

Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

Ausgangspunkt

Im Rahmen einer Vorlesung möchte eine Dozentin Inhalte aus TikTok und Instagram einbinden, um Studierenden anhand authentischer Beispiele Kommunikationsstile, Medieneffekte oder gesellschaftliche Narrative zu veranschaulichen. Die Videos sollen dann von den Studierenden analysiert und kommentiert werden. Später möchte die Lehrende die Materialien als OER veröffentlichen. Sie fragt sich, ob dies überhaupt urheberrechtlich erlaubt ist. Zudem möchte sie wissen, ob dafür die Inhalte in den Lehrmaterialien eingebettet oder auch heruntergeladen werden dürfen.

Rechtliche Bewertung

Social Media ist kein rechtsfreier Raum. Auch öffentlich zugängliche Posts, Bilder oder Videos sind urheberrechtlich geschützt, z.B. als Lichtbildwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG), Lichtbilder (§ 72 UrhG) oder Filmwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG). Die bloße Zugänglichkeit im Netz bedeutet nicht, dass Inhalte frei genutzt oder übernommen werden dürfen. Für die Verwendung von Social-Media-Beiträgen zur Erstellung von OER hängt die urheberrechtliche Bewertung maßgeblich von der konkret geplanten Nutzung ab. Nutzungsformen mit einer Vervielfältigung (§ 16 I UrhG) oder Veränderung der Inhalte (§ 23 I 1 UrhG), z.B. durch Speicherung auf einem anderen Server oder Erstellen von Screenshots, unterliegen den Regelungen des Urheberrechts und bedürfen daher einer Nutzungserlaubnis. Das bloße Verlinken auf einen Inhalt ist hingegen urheberrechtlich unbedenklich.

Eine Nutzungserlaubnis, die eine Verwendung der Inhalte genehmigt, kann sich aus den Nutzungsbedingungen der einschlägigen Plattform, aus einem Lizenzvertrag oder durch die gesetzlich geregelten Schranken der §§ 44a ff. UrhG ergeben.

1. Lizenzverträge und Nutzungsbedingungen von TikTok, Instagram und Co.

Jede Social-Media-Plattform unterliegt eigenen Nutzungsbedingungen, in denen regelmäßig auch urheberrechtlich relevante Bestimmungen enthalten sind. Das Urheberrecht an hochgeladenen Inhalten verbleibt bei dem jeweiligen Content Creator. Zugleich wird durch das Hochladen regelmäßig eine einfache, weltweite, nicht-exklusive Lizenz zugunsten des Plattformbetreibers eingeräumt, die diese bestimmten Nutzungen innerhalb der Plattform erlaubt (z.B. Instagram unter 4.3 https://help.instagram.com/581066165581870/?locale=de_DE, Stand 12.08.2025). Teilweise sehen die Nutzungsbedingungen auch vor, dass anderen Nutzern der Plattform eine eingeschränkte Lizenz zur Nutzung der Inhalte eingeräumt wird (siehe Nutzungsbedingungen von TikTok unter 4.9 https://www.tiktok.com/legal/page/eea/terms-of-service/de, Stand 12.08.2025). Diese Nutzungsrechte sind jedoch in der Regel auf private bzw. unterhaltende Zwecke beschränkt und erfassen weder wissenschaftliche noch didaktische Nutzungen. Spezielle Regelungen für den Einsatz im Rahmen von Forschung und Lehre enthalten die gängigen Plattformbedingungen, wie von TikTok und Instagram, nicht. Lehrende erhalten also regelmäßig kein eigenständiges vertragliches Nutzungsrecht, das über die reine plattforminterne Wiedergabe hinausgeht.

Unabhängig von diesen vertraglichen Bestimmungen kann eine rechtmäßige Nutzung jedoch auch auf einer explizit erteilten Lizenz beruhen (§ 31 UrhG), z.B. indem der Content Creator in seiner Profilbeschreibung ausdrücklich teilt, dass seine gesamten Inhalte frei genutzt werden dürfen. Dies gilt dann ebenso für einzelne Inhalte, die Content Creator unter einer freien Lizenz, wie Creative Commons (https://de.creativecommons.net/was-ist-cc/, Stand 12.08.2025), veröffentlicht haben. Es ist zu beachten, dass bei der Verwendung von CC-lizenzierten Inhalten in OER die jeweilige Lizenz eingehalten werden muss. Wird OER-Material mit mehreren Werken kombiniert, die unterschiedlichen CC-Lizenzen unterliegen, ist in der Regel die restriktivste Lizenz für die Weiterverbreitung maßgeblich. Die Einhaltung der Lizenzbedingungen ist für eine rechtmäßige Nutzung zwingend erforderlich.

2. Gesetzliche Schranken

Der zentrale Erlaubnistatbestand für eine rechtmäßige Nutzung von fremden Inhalten ist das Zitatrecht gemäß § 51 UrhG. Das Zitatrecht erlaubt die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe veröffentlichter Werke, sofern ein besonderer Zitatzweck vorliegt. Dieser setzt voraus, dass sich der Nutzer, also die Person, die den Inhalt einbindet, geistig mit dem Werk auseinandersetzt, beispielsweise durch Kritik, Analyse oder Kommentierung. Eine bloße Wiedergabe ohne eigene inhaltliche Auseinandersetzung genügt nicht. Demnach ist die Nutzung zu dekorativen oder ausschmückenden Zwecken nicht zulässig. Ob z.B. die Nutzung von Screenshots zur Darstellung eines zu vermittelnden Inhalts in einer Aufgabenstellung eine solche Auseinandersetzung ist, ist nicht pauschal zu beantworten. Bei Aufgabenstellungen erfolgt die geistige Auseinandersetzung regelmäßig nicht durch den Nutzer, sondern der Nutzer erwartet eine geistige Auseinandersetzung durch einen Dritten. Eine Berufung auf das Zitatrecht ist dann bei klassischen Aufgabenstellungen, die den Studenten zur Erörterung anregen soll, nicht möglich. Einzelfälle können hiervon abweichen.

Zusätzlich könnte im Rahmen von Social Media auch die Schranke für Karikaturen, Parodien und Pastiche gem. § 51a UrhG relevant werden. Danach darf ein Werk abgebildet oder auf sonstige Weise vervielfältigt werden, wenn dies zum Zwecke der Karikatur, der Parodie oder des Pastiches getan wird. Die drei Kunstformen setzen voraus, dass das Original zwar erkennbar bleibt, aber in veränderter Weise genutzt wird, sei es zur satirischen Überzeichnung, humorvollen Verfremdung oder stilistischen Nachahmung. Bei der Anwendung der Schranke des § 51a UrhG ist jedoch Vorsicht geboten. Der Begriff des Pastiches stammt aus dem Unionsrecht und wurde erst vor einigen Jahren ins deutsche Recht umgesetzt, weshalb dieser noch weitgehend ungeklärt ist. Zurzeit werden richtungsweisende Urteile des EuGH erwartet, die mehr Rechtssicherheit schaffen sollen.

3. Anmerkungen

Eine Nutzung von Social-Media-Inhalten kann alternativ auch durch die gesetzlichen Schranken der §§ 60a, 60c UrhG gedeckt sein, erlaubt jedoch nicht deren Weitergabe als OER. So gestattet § 60a UrhG die Verwendung von Inhalten zur Veranschaulichung von Unterricht und Lehre in nicht-kommerziellen Lehrveranstaltungen mit begrenztem Teilnehmerkreis, etwa durch die vollständige Übernahme kürzerer Videos. Für Zwecke wissenschaftlicher Forschung eröffnet § 60c UrhG ebenfalls Nutzungsmöglichkeiten, solange diese nicht kommerziell erfolgen und dem Forschungszweck dienen. In beiden Fällen bleibt jedoch eine Veröffentlichung außerhalb des geschützten Kontexts ausgeschlossen.

Sollte eine Nutzung durch eine gesetzliche Schranke erlaubt sein, so muss bei der Nutzung grundsätzlich die Quelle angegeben werden (§ 63 Abs. 2 UrhG). Beim Layout von Instagram oder TikTok gehört der Accountname zur üblichen Darstellung, die Quellenangabe sollte also in jedem Fall den Urheber und den Ursprungsort beinhalten.

Fazit

Die Nutzung von Social-Media-Inhalten in Lehrmaterialien ist rechtlich komplex. Zwar räumen Social-Media-Plattformen den Usern durch die Nutzungsbedingungen keine Erlaubnis für Nutzungen in OER ein, jedoch können trotzdem gesetzliche Schranken wie das Zitatrecht die Nutzung unter bestimmten Bedingungen ermöglichen. Auch CC-Lizenzen bieten rechtssichere Alternativen, wenn sie korrekt angewendet werden, was jedoch selten der Fall sein wird. Entscheidend bleibt in jedem Fall die vollständige und transparente Quellenangabe, um urheberrechtliche Konflikte zu vermeiden und die Rechte des Urhebers zu wahren.

Datenschutzrechtliche Grundlagen für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten von Studierenden in OER – Fall des Monats Juli ’25

Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

Ausgangspunkt

Eine nordrhein-westfälische Hochschule verwendet standardisierte Einwilligungsformulare bei der Erstellung von Open Educational Resources (OER), um datenschutzrechtliche Absicherungen gegenüber Studierenden zu gewährleisten. Die Datenschutzbeauftragte der Universität äußert jedoch Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit solcher Einwilligungen. Sie verweist darauf, dass ein Widerruf faktisch ins Leere laufen könne, da sich einmal veröffentlichte Inhalte regelmäßig nicht mehr vollständig aus dem digitalen Raum entfernen ließen. Die Problematik stellt sich besonders deutlich im Kontext offen zugänglicher Bildungsressourcen, verweist jedoch grundlegend auf die strukturellen Grenzen der Einwilligung als datenschutzrechtliche Grundlage im digitalen Veröffentlichungsumfeld.

Rechtliche Bewertung

Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen offener Bildungsressourcen stellt sich für Hochschulen regelmäßig die Frage, auf welcher datenschutzrechtlichen Grundlage die Einbindung Studierender erfolgen kann. Artikel 6 Absatz 1 DSGVO sieht hierfür mehrere gleichrangige Rechtsgrundlagen vor, deren Anwendbarkeit sich nach dem Charakter des jeweiligen Projekts sowie nach dem Maß der Beteiligung der betroffenen Personen richtet.

1. Zur Einwilligung

Eine Einwilligung nach Artikel 6 Absatz 1 lit. a DSGVO stellt eine zulässige Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten dar, sofern sie freiwillig, informiert, zweckgebunden sowie eindeutig erklärt und nachvollziehbar dokumentiert wurde. Diese Anforderungen ergeben sich aus Artikel 4 Nummer 11 und Artikel 7 der Verordnung. Hochschulen sind verpflichtet, die Wirksamkeit einer solchen Einwilligung im Einzelfall nachzuweisen und sicherzustellen, dass betroffene Personen in klarer und verständlicher Form über Zweck und Reichweite der Datenverarbeitung informiert wurden. Besondere Bedeutung kommt dem Widerrufsrecht nach Artikel 7 Absatz 3 DSGVO zu: Eine einmal erteilte Einwilligung kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Ab dem Zeitpunkt des Widerrufs ist jede weitere Verarbeitung der betreffenden Daten unzulässig. Eine Einwilligung, die dieses Recht nicht ausdrücklich vorsieht oder in unzulässiger Weise einschränkt, entfaltet keine Rechtswirkung. Gerade im Kontext offen lizenzierter Bildungsressourcen kann dies zu erheblichen praktischen Herausforderungen führen. OER-Inhalte werden typischerweise dezentral verbreitet, dauerhaft gespeichert und technisch nur eingeschränkt kontrollierbar veröffentlicht. Zwar kann die Hochschule Inhalte auf eigenen Plattformen sperren oder entfernen, sie hat jedoch keinen Zugriff auf bereits weiterverbreitete Kopien im Netz. Der Widerruf einer Einwilligung verpflichtet sie daher lediglich, eigene Verarbeitungsvorgänge einzustellen. Umso entscheidender ist es, dass sie organisatorisch in der Lage ist, Widerrufe rechtssicher zu erfassen und unverzüglich umzusetzen. Die Einwilligung bleibt somit eine grundsätzlich tragfähige datenschutzrechtliche Grundlage, ist jedoch mit erhöhten Anforderungen an die Aufklärung, Dokumentation und das interne Widerrufsmanagement verbunden.

2. Zur vertraglichen Grundlage

Eine vertragliche Grundlage im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 lit. b DSGVO setzt voraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Erfüllung eines konkreten Vertrags mit der betroffenen Person objektiv erforderlich ist. Maßgeblich ist dabei nicht lediglich das formale Zustandekommen eines Vertrags, sondern die tatsächliche Notwendigkeit der jeweiligen Verarbeitung für die Erreichung des vereinbarten Zwecks. Ein Stützen auf Artikel 6 Absatz 1 lit. b DSGVO ist daher nur in klar umrissenen Ausnahmefällen tragfähig. Erforderlich ist, dass die Hochschule substantiiert darlegen kann, dass die konkrete Verarbeitung personenbezogener Daten zur Erfüllung einer vertraglichen Hauptleistungspflicht unerlässlich ist. Maßgeblich ist nicht die bloße Zweckmäßigkeit oder Nützlichkeit der Verarbeitung für das Projekt, sondern deren objektive Erforderlichkeit im Sinne eines funktionalen Durchführbarkeitsmaßstabs. Die vereinbarte Leistung darf ohne die streitgegenständliche Datenverarbeitung rechtlich nicht ordnungsgemäß oder überhaupt nicht erbracht werden können. Artikel 6 Absatz 1 lit. b DSGVO kann im Hochschulkontext folglich nur in eng begrenzten Ausnahmefällen als Rechtsgrundlage herangezogen werden. Im Rahmen von OER-Projekten sind die hierfür erforderlichen Voraussetzungen regelmäßig nicht gegeben.

3. Erwägung alternativer Rechtsgrundlagen

Daneben sieht Artikel 6 DSGVO mit lit. e und f weitere Rechtsgrundlagen vor, die im hochschulischen OER-Kontext regelmäßig nicht greifen. Artikel 6 Absatz 1 lit. e DSGVO erlaubt die Verarbeitung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, etwa auf Grundlage des Bildungsauftrags gemäß Landeshochschulgesetz. Voraussetzung ist, dass die konkrete Maßnahme zur hoheitlichen Aufgabenerfüllung objektiv notwendig ist. Diese Schwelle wird bei OER-Projekten meist nicht erreicht, da die Beteiligung von Studierenden in der Regel freiwillig erfolgt und keine institutionell angeordnete Maßnahme darstellt.
Artikel 6 Absatz 1 lit. f DSGVO, die Verarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen, steht öffentlichen Stellen nur offen, wenn sie außerhalb hoheitlicher Tätigkeit handeln. Hochschulen agieren bei der Erstellung und Veröffentlichung von OER jedoch im Rahmen ihres gesetzlich zugewiesenen Bildungsauftrags, sodass diese Grundlage regelmäßig ausscheidet.

Fazit

Eine Einwilligung nach Artikel 6 Absatz 1 lit. a DSGVO ist auch im OER-Kontext zulässig und stellt häufig die einzige tragfähige Grundlage dar, um personenbezogene Daten von Studierenden oder Dritten in offenen Bildungsressourcen zu verarbeiten. Erforderlich ist hierbei, dass die Einwilligung wirksam erteilt wurde und organisatorisch umgesetzt werden kann, insbesondere im Hinblick auf das jederzeitige Widerrufsrecht. Eine vertragliche Grundlage nach Artikel 6 Absatz 1 lit. b DSGVO kann hingegen nur in begründeten Einzelfällen herangezogen werden.

Darf ich Übersetzungen von Tools wie DeepL in meinen Materialien nutzen? – Fall des Monats Juni ’25

Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

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Ausgangspunkt

Eine Dozentin möchte für ein Open-Educational-Resources-Projekt wissenschaftliche Texte aus dem Englischen ins Deutsche möglichst fehlerfrei, präzise und effizient übersetzen lassen. Sie entscheidet sich für ein bekanntes KI-gestütztes Übersetzungstool wie DeepL. Die KI liefert überzeugende Ergebnisse. Doch bei der Veröffentlichung stellen sich rechtliche Fragen: Wem gehört die Übersetzung eigentlich? Darf die Dozentin die generierten Übersetzungen unter einer offenen Lizenz wie CC BY-SA veröffentlichen? Ob eine KI-gestützte Übersetzung überhaupt als schutzfähiges Werk gilt und ob ihre Nutzung rechtlich zulässig ist, hängt davon ab, ob eine menschliche schöpferische Leistung vorliegt und welche Nutzung des Originalwerkes erlaubt ist (vgl. § 2 Abs. 2 UrhG). Die Einordnung zwischen gemeinfreiem KI-Output und urheberrechtlich geschützter Bearbeitung ist dabei ebenso entscheidend wie die Betrachtung der Lizenzbedingungen der jeweiligen Plattform.

Rechtliche Bewertung

Bevor ein Ausgangstext zur Übersetzung in ein KI-System wie DeepL eingegeben wird, ist zunächst zu prüfen, ob dies urheberrechtlich zulässig ist. Nach dem Urheberrecht ist die Nutzung fremder Werke nur zulässig, wenn sie entweder gemeinfrei sind, eine Erlaubnis durch eine entsprechende Lizenz besteht, z.B. durch eine Individuallizenz oder einer Standardlizenz nach Creative Commons, oder gesetzliche Schranken, wie z.B. das Zitatrecht gem. § 51 UrhG oder die Schranke für Unterricht und Lehre gem. § 60a UrhG einschlägig sind. Ein urheberrechtlich geschützter Text darf also nicht ohne entsprechende Erlaubnis oder Rechtsgrundlage in eine KI eingespeist werden. Die Übertragung an das KI-System selbst kann zwar bei allgemein bestehendem Recht der Nutzung von § 44a Nr. 2 UrhG gedeckt sein, das gilt aber nicht mehr, wenn das System die Eingabe über die reine Übersetzung hinaus verarbeitet oder speichert. Vor der Nutzung fremder Inhalte sollte daher stets geprüft werden, was das KI-System mit der Eingabe macht und ob eine Nutzungserlaubnis besteht.

Wird eine KI-gestützte Übersetzung generiert, stellt sich die Frage nach dem Schutz der generierten Version. Nach deutschem Urheberrecht ist eine Übersetzung eine Bearbeitung des Originalwerkes i.S.d. § 3 S. 1 UrhG. Die Übersetzung kann gem. § 3 S. 1 UrhG ein eigenes urheberrechtlich geschütztes Werk sein, wenn sie eine persönliche geistige Schöpfung ist. Die Voraussetzungen für eine persönliche geistige Schöpfung sind erfüllt, wenn die übersetzende Person eigenständige, kreative Entscheidungen trifft, wie bei Wortwahl, Satzbau oder Stil. Bei einer KI-gestützten Übersetzung, wie z.B. die durch DeepL, ist schon eine persönliche Schöpfung nicht gegeben, weil der Beitrag nicht von einem Menschen, sondern von der Maschine stammt. Die künstliche Intelligenz erfüllt nicht das für ein Werk zwingend erforderliche Merkmal der persönlichen Schöpfung, also einer menschlichen Schöpfung. Sie kann nicht Urheberin eines Werkes sein. Auch die Anwenderin der KI ist in diesen Fällen nicht Urheberin der Übersetzung, wenn sie lediglich den Ausgangstext eingibt und das Ergebnis unverändert übernimmt.

Dem noch vorgelagert ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine KI-generierte Übersetzung überhaupt angefertigt werden darf. Gem. § 23 Abs. 1 UrhG dürfen Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen eines Werkes nur mit der Zustimmung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden. Im Rahmen der CC-Lizenzen ist dabei zu beachten, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen das Originalwerk erstmals vom Urheber veröffentlicht wurde. Bei Werken, die unter einer offenen Lizenz wie CC BY oder CC BY-SA stehen, ist eine Veröffentlichung von der Lizenz umfasst und damit erlaubt. Bei Werken mit der Lizenzbedingung CC ND (Non-Derivative) ist eine spätere Veröffentlichung nicht von der Lizenz umfasst. Non-Derivative bedeutet, dass keine abgeleiteten Werke, sondern nur exakte Kopien des Werkes veröffentlicht werden dürfen. Die Übersetzung durch eine KI gilt urheberrechtlich zumindest als andere Umgestaltung und würde damit gegen das Veränderungsverbot, das durch den Lizenztyp ND ausgedrückt wird, verstoßen. Im Ergebnis dürfen daher nur KI-generierte Übersetzungen, bei denen die Lizenz des Originalwerkes eine Bearbeitung erlaubt, als OER veröffentlicht werden.

Eine bloße gesetzliche Schranke, wie das Zitatrecht gem. § 51 UrhG, reicht für eine anschließende Veröffentlichung nicht aus. Das Zitatrecht fordert stets eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem verwendeten Werk, und dies kann eine KI typischerweise nicht erfüllen.

Fazit

KI-gestützte Übersetzungen werfen komplexe urheberrechtliche Fragen auf. Sie sind in der Regel nicht als eigene neue Werke geschützt, können aber dennoch unter bestimmten Voraussetzungen rechtssicher genutzt und veröffentlicht werden. Dabei ist bei der Eingabe in eine KI besonders auf bestehende Lizenzen und gesetzliche Schranken zu achten. Für eine spätere Veröffentlichung im Rahmen von OER sind nur solche Ausgangswerke geeignet, die eine Bearbeitung ausdrücklich erlauben, wie Werke mit einer CC BY oder CC BY-SA-Lizenz. Bei restriktiven Lizenzen, wie CC BY-ND, darf der generierte Output aufgrund der dadurch verbundenen Bearbeitung nicht veröffentlicht werden.

Melden Sie sich bei rechtlichen Fragen zu Ihrer Lehre an: rechtsinformation@orca.nrw

Dürfen OER-Inhalte mit Canva erstellt werden? – Fall des Monats Mai ’25

Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

Eine Lehrende möchte für ein offenes digitales Lernmodul ansprechende grafische Materialien
erstellen. Dabei greift sie auf die populäre Design-Plattform Canva zurück, die durch ihre einfache
Bedienbarkeit und eine Vielzahl visuell ansprechender Gestaltungsmöglichkeiten überzeugt. Insbesondere
die integrierte Content Library macht es einfach, in kurzer Zeit professionell wirkende
Inhalte zu gestalten. Canva bietet eine breite Palette an Designelementen, darunter Bilder, Grafiken
und Schriftarten, die Nutzende zur Gestaltung eigener Inhalte verwenden können. Doch nach
der Fertigstellung stellt sich die Frage, ob Canva-Inhalte in Open Educational Resources (OER) verwendet
und veröffentlicht werden dürfen.

Ein zentrales Problem besteht darin, dass die Lizenzinformationen der einzelnen Elemente oft unklar
oder schwer auffindbar sind. Viele dieser Elemente stammen von Drittanbietern wie Pexels
und Pixabay, deren Lizenzbedingungen zusätzlich zu den eigenen Nutzungsbedingungen von
Canva beachtet werden müssen. Zwar gibt es eine „Free Content License“ von Canva für kostenlose
Inhalte, jedoch fehlen häufig klare Angaben zu offenen Lizenzen wie Creative Commons (z. B.
CC BY oder CC BY-SA), die für die Erstellung von OER erforderlich sind.

Für die Verwendung von Materialien zur Erstellung von OER ist es essenziell, dass die Inhalte,
wenn sie urheberrechtlich geschützt sind, unter einer offenen Lizenz stehen, die eine freie Nutzung,
Bearbeitung und Weiterverbreitung erlaubt. Urheberrechtlichen Schutz genießen gem. § 2
Abs. 2 UrhG Werke, also persönliche geistige Schöpfungen. Einfache geometrische Formen, die
unter anderem auch in Farbe und Form anpassbar sind, werden in der Regel keine solche Schöpfung
darstellen. Schriftarten können grundsätzlich ein urheberrechtlich geschütztes Werk darstellen,
wenn sie z.B. besonders aufwendige Zierschriften sind.

Laptop auf Teppich mit Oberfläche des Tools Canva

Canva ist aufgrund seiner einfachen Bedienbarkeit ein beliebtes Tool – aber eignet es sich zur OER-Erstellung?

Zwar dürfen selbst erstellte Inhalte grundsätzlich genutzt werden, problematisch ist jedoch die
Verwendung von Elementen aus der sogenannten Content Library. Diese kann, egal ob es sich
dabei um einen kostenlosen oder kostenpflichtigen Inhalt handelt, urheberrechtlich geschützte
Werke Dritter enthalten. Die von Canva eingeräumten Nutzungsrechte unterliegen dabei strengen
Einschränkungen. So sind alle Inhalte (einschließlich Bilder, Icons, Illustrationen, Videos, Audios,
Schriftarten und Templates) durch Urheberrechte geschützt. Canva und die jeweiligen Urheber
behalten sich sämtliche Rechte vor, die nicht ausdrücklich eingeräumt wurden. Die Lizenzbedingungen
regeln, dass die Inhalte z. B. für Schulprojekte, Social-Media-Beiträge, Printprodukte, Präsentationen
oder digitale Veröffentlichungen verwendet werden dürfen. Eine freie Veröffentlichung
im Sinne von OER, also unter einer offenen Lizenz wie z.B. CC BY, wird jedoch nicht abgedeckt.
Dies gilt auch für kostenlose Inhalte, da diese nicht unter offenen Lizenzen bereitgestellt werden, sondern nur unter den spezifischen Bedingungen von Canva. Werden Inhalte verschiedener Lizenzkategorien kombiniert (z. B. Free und Pro) gelten stets die strengeren Nutzungsregeln. Zudem behält sich Canva das Recht vor, Inhalte auszutauschen und die Lizenzen jederzeit anzupassen.

Für die reguläre Hochschullehre stellt Canva eine Nutzungslizenz bereit, die auch die Verbreitung
von Inhalten innerhalb geschlossener Lehrkontexte erlaubt. Diese Erlaubnis gilt jedoch nicht für
die Veröffentlichung als Open Educational Resource, da hierfür eine offene Lizenzierung erforderlich
wäre, die Canva nicht vorsieht. In diesen Fällen kann auf gesetzliche Schranken, wie z.B. auf
das Zitatrecht gem. § 51 UrhG zurückgegriffen werden, wenn eine inhaltliche Auseinandersetzung
mit dem genutzten Werk stattfindet. Da Inhalte aus der Content Library jedoch meist rein
dekorativen Charakter haben, scheidet diese Möglichkeit in der Praxis häufig aus. Eine freie, offene
Weitergabe, wie sie für OER erforderlich ist, ist dann durch die Lizenzbedingungen ausdrücklich
nicht gestattet.

Die Nutzung von Canva-Inhalten im Kontext von OER ist mit erheblichen rechtlichen Unsicherheiten
verbunden. Insbesondere die unklare Lizenzsituation und die Einbindung urheberrechtlich geschützter
Werke aus der Content Library machen eine offene Weitergabe im Sinne von OER problematisch.
Auch wenn die Plattform kreative Gestaltungsmöglichkeiten bietet, entspricht sie derzeit
nicht den Anforderungen an eine rechtskonforme OER-Erstellung. Für Lehrende und Bildungsakteure
ist es entscheidend, sich mit den Lizenzbedingungen der verwendeten Materialien vertraut
zu machen und sicherzustellen, dass diese mit den Prinzipien von OER übereinstimmen. Wer
rechtliche Risiken vermeiden möchte, kann auf selbst erstellte Inhalte oder auf Materialien aus
eindeutig lizenzierten, offenen Quellen zurückgreifen und gegebenenfalls alternative, quelloffene
Design-Tools in Betracht ziehen. Bei bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der Lizenzlage sollte
rechtlicher Rat eingeholt werden.

Melden Sie sich bei rechtlichen Fragen zu Ihrer Lehre an: rechtsinformation@orca.nrw

Welche Inhalte dürfen fürs Training von Sprachmodellen verwendet werden? – Fall des Monats April ’25

Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

Ausgangspunkt

Diese Ausgabe befasst sich mit der Eingabe von CC-lizenzierten Inhalten in Sprachmodellen zum Zwecke ihres Trainings. Sprachmodelle, sog. Large Language Models, sind in der Lage natürliche Sprache zu verstehen und zu generieren. Sie beruhen auf einem statistischen Modell, das Muster in Text- oder Sprachdaten identifiziert und diese nutzt, um Vorhersagen für zukünftige Texte oder Sprachdaten zu treffen, sie gelten daher als Künstliche Intelligenzen (KI) (https://www.intel.de/content/www/de/de/learn/large-language-models.html, letzter Aufruf: 16.04.2025). Um zuverlässige Ergebnisse zu erlangen, müssen diese Large Language Models trainiert werden, was unter anderem durch die Eingabe von Rohdaten geschieht. Es stellt sich die Frage, welche Inhalte für das Training verwendet werden dürfen. Hierbei wird ein Blick auf die relevanten CC-Lizenzen sowie auf möglicherweise einschlägige Schrankenregelungen geworfen.


Rechtliche Bewertung

Die Eingabe von Inhalten zum Training von Sprachmodellen ist regelmäßig als Eingriff in das urheberrechtliche Vervielfältigungsrecht anzusehen (1.). Bestehen keine Nutzungsrechte, so sind die Text- und Data-Mining-Schranke aus § 44b UrhG (2a.) und die Schranke für Text und Data Mining zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung aus § 60 d UrhG (2b.) zu prüfen. Hierzu wurde im September 2024 ein erstes Urteil vom Landgericht Hamburg verkündet.

1. Vervielfältigungen und Nutzungsrechte

Dem Urheber stehen die Verwertungsrechte für sein Werk zu, vgl. § 15 UrhG. Jede Nutzung, die das Verwertungsrecht des Urhebers einschränkt, ist ein Eingriff. Dieser kann rechtmäßig sein, wenn der Urheber gem. § 31 I UrhG Nutzungsrechte eingeräumt hat, Rechtfertigungsgründe vorliegen oder eine gesetzlich geregelte Schranke einschlägig ist. Die Eingabe von Werken in eine KI stellt einen Eingriff in die urheberrechtlichen Verwertungsrechte nach § 15 I UrhG dar, genauer einen Eingriff in das Vervielfältigungsrecht gem. § 16 UrhG des Urhebers (NJW; 2023, 3673 ff., Rn. 31). Nutzungsrechte ergeben sich in der Regel aus den Lizenzangaben. Die Nutzung ist bei Werken, die unter einer CC-0-, CC-BY- oder CC-BY-SA-Lizenz (https://www.orca.nrw/oer/oer-nutzen/cc-lizenzen/) veröffentlicht wurden unproblematisch, da die entsprechende Nutzung von der Lizenz umfasst ist. Bei Werken, die unter einer CC-BY-NC, CC-BY-NC-SA, CC-BY-ND oder CC-BY-NC-ND veröffentlicht wurden, ist die Nutzung nicht von der Lizenz gedeckt. Hier muss geklärt werden, ob die Nutzung durch gesetzliche Schranken ermöglicht wird.

2. Schranken

Eine urheberrechtliche Schranke ist eine gesetzliche Gestattung der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken, die nicht der Zustimmung des Urhebers bedarf. Beim Training von Sprachmodellen könnten zwei Schranken einschlägig sein. Ob diese Schranken tatsächlich anwendbar sind, ist derzeit jedoch noch sehr umstritten.


a. § 44b UrhG – Text und Data Mining
Nach § 44b UrhG dürfen zur automatisierten Analyse von digitalen und digitalisierten Werken, also zur
Muster- und Informationengewinnung, Werke vorübergehend vervielfältigt werden. Hier gelten weitere
gesetzliche Grenzen, die bei der Eingabe von Inhalten beachtet werden müssen. Das Werk, das der Nutzer in die KI eingeben möchte, muss rechtmäßig zugänglich sein (vgl. § 44b Abs. 2 UrhG). Diese Voraussetzung liegt vor, wenn ein Werk frei im Internet zugänglich ist oder wenn der Nutzer rechtmäßig einen Zugang erhalten hat, z.B. über den lizenzierten Zugang einer Universitätsbibliothek (NJW, 2023, 3673 ff., Rn. 18). Außerdem darf nach Abs. 3 kein maschinenlesbarer Nutzungsvorbehalt vorliegen. Die Vervielfältigungen sind zu löschen, wenn sie nicht mehr für das Text und Data Mining erforderlich sind.


b. § 60d UrhG – Text und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung

Darüber hinaus könnte der § 60d UrhG als Schranke greifen, wenn die Vervielfältigungen im Rahmen des Text und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung genutzt werden. Der § 60d UrhG orientiert sich am § 44b UrhG, weist aber weitere Grenzen auf, um dem wissenschaftlichen Austausch und der Innovation gerecht zu werden. Die Schranke des § 60d UrhG ist demnach auch nur im Bereich der wissenschaftlichen Forschung anwendbar. Im Vergleich zu § 44b UrhG gelten z.B. nicht die Grenzen des rechtmäßig zugänglichen Werkes oder des ausdrücklichen Nutzungsvorbehalts (s.o.). Ob ein Fall der Schranke des § 60d UrhG auch beim Training von Sprachmodellen vorliegt, ist dann zusätzlich vom Zweck des Trainings entscheidend. Das Sprachmodell und das Training müssen der wissenschaftlichen Forschung dienen. Wissenschaftliche Forschung bezeichnet allgemein das methodisch-systematische Streben nach neuen Erkenntnissen (Dreier/Schulze/Dreier, 7. Aufl. 2022, UrhG § 60c Rn. 1). Nicht nur die unmittelbar mit der Erkenntnisgewinnung verbundenen Arbeitsschritte werden erfasst, sondern auch mittelbare Schritte, also solche die auf einen späteren Erkenntnisgewinn gerichtet sind. Dazu gehören z.B. Datensammlungen, um anschließend empirische Schlussfolgerungen zu ziehen. Ein späterer Forschungserfolg wird nicht vorausgesetzt. In einem ersten Urteil hat das Landgericht Hamburg im September 2024 entschieden, dass das Training von KI einen Fall des Text und Data Mining darstellt und unter den Voraussetzungen des § 60d UrhG zulässig ist. Hier klagte ein Fotograf gegen einen gemeinnützigen Verein (LAION e.V.). LAION e.V. entwickelt selbstlernende Algorithmen im Sinne künstlicher Intelligenz fort und stellt diese der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. LAION e.V. hält kostenfrei Datensätze und Modelle bereit, erstellt und testet eigene KI-Modelle auf Basis der Trainingsdaten (https://laion.ai/about/, letzter Aufruf: 16.04.2025). Der Verein fand ein Foto auf der Webseite Bigstock, auf welcher der Fotograf sein Werk zur Verfügung gestellt hatte, und nutzte dieses für die Erstellung eines Trainingssatzes – LAION 5B. Das LG Hamburg entschied, dass es sich bei dieser Vervielfältigung zur Erstellung eines Trainingsdatensatzes um Text und Data Mining für Forschungszwecke i.S.d. § 60d UrhG handelt (LG Hamburg, Urt. v. 27.9.2024 – 310 O 227/23, Rn. 54). Zur Argumentation führte das LG unter anderem auf, dass in der Gesetzesbegründung von § 60d UrhG das maschinelle Lernen als Basis-Technologie für KI als besonders wichtig eingestuft wurde (BT-Drs. 19/27426, S. 60). Dies ist jedoch bloß eine erstinstanzliche Entscheidung, die derzeit in Berufung ist. Es besteht demnach weiterhin Rechtsunsicherheit.


Fazit

Die Eingabe von lizenzierten Werken in ein Sprachmodell zu Trainingszwecken stellt eine Vervielfältigung dar, die in die Nutzungsrechte des Urhebers eingreift. Diese Nutzung kann jedoch rechtmäßig sein, wenn entweder die Nutzung durch eine entsprechende Lizenz (CC-0, CC-BY oder CC-BY-SA) erlaubt ist oder die Text- und Data-Mining-Schranke greift. Letzteres bleibt jedoch strittig. Die derzeitige Rechtsprechung tendiert zwar zu einer Anwendbarkeit, hat aber bislang noch wenig Aussagekraft. Hier muss die höchstrichterliche Rechtsprechung abgewartet werden. Aus diesem Grund empfiehlt es sich derzeit, nur entsprechend (CC-)lizenzierte Werke zum Training von KI zu verwenden.