Darf ich Übersetzungen von Tools wie DeepL in meinen Materialien nutzen? – Fall des Monats Juni ’25

Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

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Ausgangspunkt

Eine Dozentin möchte für ein Open-Educational-Resources-Projekt wissenschaftliche Texte aus dem Englischen ins Deutsche möglichst fehlerfrei, präzise und effizient übersetzen lassen. Sie entscheidet sich für ein bekanntes KI-gestütztes Übersetzungstool wie DeepL. Die KI liefert überzeugende Ergebnisse. Doch bei der Veröffentlichung stellen sich rechtliche Fragen: Wem gehört die Übersetzung eigentlich? Darf die Dozentin die generierten Übersetzungen unter einer offenen Lizenz wie CC BY-SA veröffentlichen? Ob eine KI-gestützte Übersetzung überhaupt als schutzfähiges Werk gilt und ob ihre Nutzung rechtlich zulässig ist, hängt davon ab, ob eine menschliche schöpferische Leistung vorliegt und welche Nutzung des Originalwerkes erlaubt ist (vgl. § 2 Abs. 2 UrhG). Die Einordnung zwischen gemeinfreiem KI-Output und urheberrechtlich geschützter Bearbeitung ist dabei ebenso entscheidend wie die Betrachtung der Lizenzbedingungen der jeweiligen Plattform.

Rechtliche Bewertung

Bevor ein Ausgangstext zur Übersetzung in ein KI-System wie DeepL eingegeben wird, ist zunächst zu prüfen, ob dies urheberrechtlich zulässig ist. Nach dem Urheberrecht ist die Nutzung fremder Werke nur zulässig, wenn sie entweder gemeinfrei sind, eine Erlaubnis durch eine entsprechende Lizenz besteht, z.B. durch eine Individuallizenz oder einer Standardlizenz nach Creative Commons, oder gesetzliche Schranken, wie z.B. das Zitatrecht gem. § 51 UrhG oder die Schranke für Unterricht und Lehre gem. § 60a UrhG einschlägig sind. Ein urheberrechtlich geschützter Text darf also nicht ohne entsprechende Erlaubnis oder Rechtsgrundlage in eine KI eingespeist werden. Die Übertragung an das KI-System selbst kann zwar bei allgemein bestehendem Recht der Nutzung von § 44a Nr. 2 UrhG gedeckt sein, das gilt aber nicht mehr, wenn das System die Eingabe über die reine Übersetzung hinaus verarbeitet oder speichert. Vor der Nutzung fremder Inhalte sollte daher stets geprüft werden, was das KI-System mit der Eingabe macht und ob eine Nutzungserlaubnis besteht.

Wird eine KI-gestützte Übersetzung generiert, stellt sich die Frage nach dem Schutz der generierten Version. Nach deutschem Urheberrecht ist eine Übersetzung eine Bearbeitung des Originalwerkes i.S.d. § 3 S. 1 UrhG. Die Übersetzung kann gem. § 3 S. 1 UrhG ein eigenes urheberrechtlich geschütztes Werk sein, wenn sie eine persönliche geistige Schöpfung ist. Die Voraussetzungen für eine persönliche geistige Schöpfung sind erfüllt, wenn die übersetzende Person eigenständige, kreative Entscheidungen trifft, wie bei Wortwahl, Satzbau oder Stil. Bei einer KI-gestützten Übersetzung, wie z.B. die durch DeepL, ist schon eine persönliche Schöpfung nicht gegeben, weil der Beitrag nicht von einem Menschen, sondern von der Maschine stammt. Die künstliche Intelligenz erfüllt nicht das für ein Werk zwingend erforderliche Merkmal der persönlichen Schöpfung, also einer menschlichen Schöpfung. Sie kann nicht Urheberin eines Werkes sein. Auch die Anwenderin der KI ist in diesen Fällen nicht Urheberin der Übersetzung, wenn sie lediglich den Ausgangstext eingibt und das Ergebnis unverändert übernimmt.

Dem noch vorgelagert ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine KI-generierte Übersetzung überhaupt angefertigt werden darf. Gem. § 23 Abs. 1 UrhG dürfen Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen eines Werkes nur mit der Zustimmung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden. Im Rahmen der CC-Lizenzen ist dabei zu beachten, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen das Originalwerk erstmals vom Urheber veröffentlicht wurde. Bei Werken, die unter einer offenen Lizenz wie CC BY oder CC BY-SA stehen, ist eine Veröffentlichung von der Lizenz umfasst und damit erlaubt. Bei Werken mit der Lizenzbedingung CC ND (Non-Derivative) ist eine spätere Veröffentlichung nicht von der Lizenz umfasst. Non-Derivative bedeutet, dass keine abgeleiteten Werke, sondern nur exakte Kopien des Werkes veröffentlicht werden dürfen. Die Übersetzung durch eine KI gilt urheberrechtlich zumindest als andere Umgestaltung und würde damit gegen das Veränderungsverbot, das durch den Lizenztyp ND ausgedrückt wird, verstoßen. Im Ergebnis dürfen daher nur KI-generierte Übersetzungen, bei denen die Lizenz des Originalwerkes eine Bearbeitung erlaubt, als OER veröffentlicht werden.

Eine bloße gesetzliche Schranke, wie das Zitatrecht gem. § 51 UrhG, reicht für eine anschließende Veröffentlichung nicht aus. Das Zitatrecht fordert stets eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem verwendeten Werk, und dies kann eine KI typischerweise nicht erfüllen.

Fazit

KI-gestützte Übersetzungen werfen komplexe urheberrechtliche Fragen auf. Sie sind in der Regel nicht als eigene neue Werke geschützt, können aber dennoch unter bestimmten Voraussetzungen rechtssicher genutzt und veröffentlicht werden. Dabei ist bei der Eingabe in eine KI besonders auf bestehende Lizenzen und gesetzliche Schranken zu achten. Für eine spätere Veröffentlichung im Rahmen von OER sind nur solche Ausgangswerke geeignet, die eine Bearbeitung ausdrücklich erlauben, wie Werke mit einer CC BY oder CC BY-SA-Lizenz. Bei restriktiven Lizenzen, wie CC BY-ND, darf der generierte Output aufgrund der dadurch verbundenen Bearbeitung nicht veröffentlicht werden.

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