Dürfen markenrechtlich geschützte Zeichen in Lehrmaterialien verwenden werden? – Fall des Monats Oktober ’25
Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

Ausgangspunkt
Im Rahmen eines Open-Educational-Resources-Lern-/Lehrprojekts sollen mehrere Zeichen, die zugleich eingetragene Marken sind, zur Verdeutlichung des Lehrinhalts verwendet werden. Hierbei werden die Marken exakt in ihrer eingetragenen Form in den Lehrinhalten wiedergegeben. Das Lehrprojekt soll unter einer CC-Lizenz veröffentlich werden. Hierbei stellen sich mehrere rechtliche Fragen: Wie sind Zeichen rechtlich geschützt? Dürfen solche Zeichen zur Verdeutlichung in Lehrmaterialen mit aufgenommen werden? Ist die Verwendung in Open-Educational-Resources-Lern-/Lehrprojekten zulässig? Müssen die Zeichen aus der CC-Lizenz angenommen werden?
Rechtliche Bewertung
Zeichen können auf vielfältige Weise geschützt sein: Das klassische Schutzrecht für Zeichen ist das Markenrecht. Dieses schützt alle geeigneten Zeichen, durch die Waren oder Dienstleistungen von Unternehmen voneinander unterschieden werden können, vor allem Wörter, Abbildungen, Buchstaben oder Zahlen, aber auch dreidimensionale Gestaltungen oder Positionen (§ 3 Abs. 1 MarkenG). Der Schutz entsteht in der Regel durch Eintragung des Zeichens und ist auf bestimmte (angegebene) Waren oder Dienstleistungen beschränkt. Allerdings kann der Schutz auch durch Verkehrsgeltung oder notorische Bekanntheit erlangt werden (§ 4 MarkenG). Neben den Marken können Zeichen auch als geschäftliche Bezeichnungen geschützt sein (§ 5 MarkenG), dies sind insbesondere Bezeichnungen von Unternehmen (Unternehmenskennzeichen) und Bezeichnung von bestimmten Werken (Werktitel). Die Reichweite des Schutzes geschäftlicher Bezeichnungen ist aber beschränkt. Marken müssen zudem auch markenmäßig, also für die Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen, verwendet werden, für welche sie eingetragen sind (§ 26 Abs. 1 MarkenG). Ist dies innerhalb der letzten fünf Jahre nicht der Fall gewesen, so kann eine Marke – auf Antrag – gelöscht werden (§ 49 MarkenG). Wird eine Marke verwendet, so kann sie – bei jeweiliger Verlängerung nach zehn Jahren – potenziell ewig geschützt sein. Eine Höchstschutzdauer besteht nicht.
Neben dem markenrechtlichen Schutz kann ein Zeichen möglicherweise aber auch urheberrechtlich geschützt sein. Hierfür müsste das Zeichen eine persönliche geistige Schöpfung auf dem Gebiet der Literatur, Wissenschaft oder Kunst sein (§§ 1, 2 Abs. 2 UrhG) und über eine gewisse Schöpfungshöhe verfügen. Gerade bei Zeichen ist letzteres oft problematisch, da diese häufig den geringen Anforderungen an den Schutz (sog. kleine Münze) nicht genügen. Insbesondere einfache Zeichen wie simple grafische Elemente oder Zeichen, die nur aus Wörtern bestehen, werden keinen urheberrechtlichen Schutz erlangen. Ein anderes Ergebnis kann allerdings bei komplexeren grafischen Zeichen vertretbar sein, deren Gestaltung eigenschöpferische Aspekte beinhalten. Dennoch dürfte der urheberrechtliche Schutz von Zeichen eher die Ausnahme, als die Regel sein.
Ist ein Zeichen markenrechtlich geschützt, so ist es Dritten untersagt, das Zeichen ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers markenmäßig zu verwenden. Hierbei werden drei Fallgruppen unterschieden:
- Erstens, die Verwendung des identischen Zeichens für identische Waren oder Dienstleistungen (Doppelidentität, § 14 Abs. 2 Nr. 1 Marken).
- Zweitens, die Verwendung eines ähnlichen Zeichens für ähnliche Waren oder Dienstleistungen (Verwechslungsgefahr, § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). In diesem Fall können auch das Zeichen oder die Waren oder Dienstleistungen identisch sein, sofern das andere Merkmal nur Ähnlichkeit aufweist.
- Und drittens, die unlautere Ausnutzung einer bekannten Marke durch Ähnlichkeit (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG). Hierbei sind auch die Waren oder Dienstleistungen des Zeichens oder der Verwendung nicht mehr von Bedeutung.
Im Falle von OER-Lern-/Lehrmaterialien wird selten eine Verwendung für gleiche Waren oder Dienstleistungen vorliegen, sodass die Doppelidentität in der Regel keine Rolle spielt. Anders wäre das nur, wenn ohne Einwilligung ein identisches Zeichen zur Kennzeichnung eines OER-Lern-/Lehrprojektes verwendet wird, was zugleich durch einen Dritten für Lern-/Lehrprojekte eingetragen und innerhalb der letzten fünf Jahre benutzt wurde. Auch ohne Eintragung kann in diesem Fall zudem auch ein Schutz als Werktitel vorliegen.
Allerdings setzt die Verletzung im Markenrecht auch eine markenmäßige Verwendung voraus. Dafür muss das Zeichen zunächst im geschäftlichen Verkehr verwendet werden. Dieses Merkmal wird üblicherweise weit ausgelegt und kann daher auch bei Hochschulen und Bildungseinrichtungen erfüllt sein. Es wird aber unter anderem verneint bei rein wissenschaftlichen Tätigkeiten, einem beschränkten Adressatenkreis oder – für OER relevant – im Rahmen einer Lehrtätigkeit mit einer Auseinandersetzung mit dem Zeichen. Insoweit würde die Verwendung von markenrechtlich geschützten Zeichen in einem OER-Lern-/Lehrmaterial zur Verdeutlichung nicht als Verwendung im geschäftlichen Verkehr gesehen werden und wäre damit zulässig. Weiterhin müsste auch noch eine markenmäßige Verwendung, also die Verwendung als Herkunftsnachweis vorliegen, was bei einer Verwendung zur reinen Verdeutlichung ebenfalls nicht erfüllt ist. Anders wäre aber die Beurteilung, wenn das Zeichen als Herkunftsnachweis für ein OER-Lern-/Lehrprojekt oder zu Werbezwecken (beispielsweise im Hochschulmarketing) verwendet wird.
Sofern das Zeichen nicht dem urheberrechtlichen Schutz unterfällt, ist es bei Lizenzierung der eigenen Materialen unter einer CC-Lizenz nicht aus der Lizenz herauszunehmen. Die CC-Lizenz umfasst weder das Patent- noch das Markenrecht („Patent- und Kennzeichenrechte werden durch die vorliegende Public License nicht lizenziert“). Daher findet auch keine weitere Erlaubnis zur Nutzung des Zeichens statt. Sofern der Lizenznehmer das Zeichen ebenfalls nicht markenmäßig verwendet, liegt kein Konflikt mit dem Markenrecht vor. Anders kann es sein, wenn das Zeichen zugleich urheberrechtlichen Schutz erlangt hat. In diesem Fall muss die Verwendung des Zeichens erlaubt sein. Im Falle von OER-Lern-/Lehrmaterialien muss also – sofern kein vertragliches Nutzungsrecht vereinbart wurde – eine Schrankenregelung greifen. Dies wird – bei entsprechender Auseinandersetzung – in der Regel das Zitatrecht des § 51 UrhG sein. In diesen Fällen ist es angeraten, die Zeichen aus der CC-Lizenz auszunehmen.
Fazit
Die Verwendung von markenrechtlich geschützten Zeichen in OER-Lern-/Lehrprojekten ist zur Verdeutlichung von Lehraspekten gestattet. Es liegt keine Markenrechtsverletzung vor. Bei komplexen Zeichen ist aber zu prüfen, ob nicht zugleich ein urheberrechtlicher Schutz in Frage kommt, und damit zugleich ist auch zu prüfen, ob aus urheberrechtlicher Sicht die Verwendung des Werks gestattet ist. Bei entsprechender Auseinandersetzung mit dem Zeichen dürfte dies allerdings durch das Zitatrecht gedeckt sein. Im Falle eines reinen markenrechtlichen Schutzes ist die Herausnahme aus einer CC-Lizenz nicht notwendig, da diese keine markenrechtlichen Aspekte umfasst. Wird ein Zeichen dagegen als Herkunftsnachweis für OER-Lern-/Lehrprojekte verwendet, sind allerdings markenrechtliche Fragen zu beachten.