Forschungsdaten von Studierenden – was darf ich damit? – Fall des Monats November ’25

Das Team der Rechtsinformationsstelle ORCA.nrw unterstützt Lehrende aus Nordrhein-Westfalen bei rechtlichen Fragen. Im Format „Fall des Monats“ stellt es regelmäßig einen besonderen Sachverhalt vor, der sich aus einer zu bearbeitenden Anfrage oder aus aktueller Rechtsprechung ergibt.

Ausgangspunkt

Im Rahmen eines Seminars an einer NRW-Hochschule führen Studierende eigenständig eine empirische Untersuchung zur nachhaltigen Stadtentwicklung durch. Sie entwickeln den Forschungsansatz selbst, erheben Umfragedaten, bereiten diese statistisch auf und visualisieren ihre Ergebnisse in Diagrammen und einer interaktiven Karte. Die Lehrperson plant, die Daten anschließend in einem universitären Repositorium als OER bereitzustellen und in einem späteren Forschungsprojekt weiterzuverwenden. Eine Studentin fragt jedoch nach, ob sie dem zustimmen müsse, schließlich hätten sie und ihre Kommilitonen die Datensätze selbst erhoben und ausgewertet.

Rechtliche Bewertung

Forschungsdaten sind alle Daten, die während wissenschaftlicher Arbeiten gesammelt oder erstellt werden. Sie dienen dazu, den Forschungsprozess zu belegen und Ergebnisse nachvollziehbar zu machen. Auch Daten, die allgemein in der Wissenschaft als notwendig gelten, um Forschungsergebnisse überprüfen und bestätigen zu können, zählen dazu. Die Forschung selbst ist eine geistige Tätigkeit, bei der man mit systematischen, methodischen und überprüfbaren Verfahren versucht, neues Wissen zu gewinnen.

Ein rechtlich verankertes Eigentum an Daten besteht nicht. Dennoch können Forschungsdaten unter bestimmten Voraussetzungen durch Immaterialgüterrecht geschützt sein. Urheberrechtlichen Schutz genießen Forschungsdaten nur dann, wenn sie eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG sind. Das bedeutet, dass sie das Ergebnis einer individuellen, schöpferischen Leistung des Urhebers sein müssen, die eine gewisse Gestaltungshöhe aufweist und Ausdruck seiner eigenen geistigen Tätigkeit ist. Das ist bei reinen Rohdaten regelmäßig nicht der Fall, da sie auf objektiver Beobachtung oder Messung beruhen. Ein Schutz kann jedoch für eine konkrete Darstellung von Daten bestehen. Wenn die Daten in einer individuell strukturierten Sammlung oder mit eigenschöpferischer Auswahl oder Anordnung erstellt wurden, z.B. als Datenbankwerk nach § 4 Abs. 2 UrhG oder bildlich festgehalten. Eine solche Schutzfähigkeit hängt stark vom Einzelfall ab. Je stärker die kreative und strukturierende Leistung, desto eher liegt ein urheberrechtlich geschütztes Werk vor.

Bei Datenbanken unter §§ 87a ff. UrhG steht nicht der Urheber, sondern der Datenbankhersteller im Vordergrund, der durch erheblichen zeitlichen, personellen oder finanziellen Aufwand eine Datenbank geschaffen hat. Der Schutz der §§ 87a ff. UrhG ist gänzlich unabhängig vom urheberrechtlichen Schutz eines Datenbankwerkes nach § 4 Abs. 2 UrhG.

Nach § 7 UrhG ist Urheber, wer das Werk geschaffen hat. Im Hochschulkontext gilt dies auch für Studierende, die Forschungsdaten oder begleitende Materialien (z. B. Visualisierungen, Texte, Grafiken) selbstständig entwickeln. Die Urheberschaft entsteht automatisch mit der Schaffung des Werkes. Hochschulen oder Lehrende werden nicht allein durch ihre organisatorische oder betreuende Rolle zu Miturhebern. Etwas anderes kann gelten, wenn sie eigenständig schöpferisch an der Datenerhebung oder -aufbereitung mitgewirkt haben, etwa durch konzeptionelle Vorgaben oder redaktionelle Bearbeitung. Sofern ein Schutz besteht, verbleiben die Urheberrechte an Forschungsdaten somit grundsätzlich bei den Studierenden. Sie können allein entscheiden, ob und in welchem Umfang ihre Forschungsdaten veröffentlicht oder weiterverwendet werden dürfen.

Um geschützte Forschungsdaten im Hochschulkontext zu verwenden, etwa zur Veröffentlichung in Repositorien oder für Folgeprojekte, bedarf es einer Einräumung der Nutzungsrechte nach § 31 UrhG. Hierbei ist eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung, wie eine Lizenzvereinbarung oder eine Einverständniserklärung empfehlenswert. Insbesondere bei Veröffentlichungen im Open-Access- oder OER-Kontext sollten Nutzungsumfang, Dauer und mögliche Nachnutzung klar geregelt sein.

Wichtig ist, dass das Urheberrecht nicht übertragbar ist; nur Nutzungsrechte können eingeräumt werden. Hochschulen dürfen daher Forschungsdaten oder Datenbanken nur im Rahmen der gewährten Lizenz nutzen.

Neben den urheberrechtlichen Regelungen können im Hochschulkontext zudem weitere rechtliche Rahmenbedingungen wie Datenschutz-, Forschungs- oder Prüfungsrecht relevant sein. Diese Überschneidungen verdeutlichen, dass der Umgang mit Forschungsdaten eine interdisziplinäre rechtliche Betrachtung erfordert, bei der urheberrechtliche, datenschutzrechtliche und institutionelle Vorgaben stets zusammenzudenken sind.

Fazit

Die Urheberrechte an studentisch erstellten Forschungsdaten liegen grundsätzlich bei den Studierenden. Die Hochschule darf diese Daten nur nutzen oder veröffentlichen, wenn entsprechende Nutzungsrechte eingeräumt wurden. Ratsam ist, bereits zu Beginn eines Projekts klare Vereinbarungen zu treffen, idealerweise in Form einer standardisierten Nutzungs- oder OER-Freigabeerklärung. So lassen sich spätere Konflikte vermeiden und die Nachnutzung rechtssicher gestalten.